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Geschichte der Atempädagogik
Schon vor unserer Zeitrechnung war die Bedeutung des Atems für die Gesundheit sowie für die Bewusstseinsentwicklung bekannt. Westliche und östliche Kulturvölker haben seit jeher Atem- und Bewegungstheorien sowie konkrete Anwendungen entwickelt, oft in Verbindung mit religiöser Praxis. In Griechenland zum Beispiel kannte man schon Atemgymnastik, in östlichen Kulturen war der Atem immanenter Bestandteil von Meditationspraktiken, z. B. Yoga in Indien, Zen in Japan, Tai Chi und Qi Gong in China.
Die ganzheitliche Dimension des Atems war selbstverständlich, wenn auch der Mehrheit der Menschen noch nicht zugänglich. Man wusste, dass körperliche, seelische und auch geistige Kräfte des Menschen wechselseitig mit dem Atem in Beziehung stehen.
Im Westen trat dieses Wissen für längere Zeit durch den Fokus auf neue Errungenschaften in den Bereichen Medizin und Naturwissenschaft in den Hintergrund. Ein funktioneller und mechanischer Umgang mit Atem und Bewegung war wieder vorherrschend.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Wissen um die umfassende Bedeutung des Atems wiederentdeckt. Der Körper oder der „beseelten Leib“, wie er damals auch genannt wurde, erfuhr wieder mehr Beachtung. Bei Friedrich Nietze etwa heißt es: „Es ist mehr Vernunft in deinem Leibe, als in deiner besten Weisheit“. Turnvater Friedrich Ludwig Jahn war bei der Begründung der Turnerbewegung ebenfalls von diesem Gedankengut inspiriert. Sein Ansatz war, Training und Ertüchtigung nach wie vor durch mechanisches Üben von Bewegungen zu erreichen. Neu dabei war jedoch die Absicht, durch Ertüchtigung des Leibes auch den Geist zu trainieren. Im ärztlichen Bereich gab es zu jener Zeit die Atemgymnastik sowie den Einsatz von Geräten zur Stärkung der Gesundheit. Ab den 1930er Jahren begründeten und verfeinerten Frauen wie Hedwig Kallmeyer, Elisabeth Mensendieck, Senta Medau u. a. die Gymnastik im Sinne der Reformpädagogik. Ihr Ansatz war erfahrungsorientiert. Sie ersetzten den Drill in der Bewegungsschulung durch die Arbeit an einer natürlichen Bewegung und an freien Bewegungsimpulsen. In dieser Zeit entstand auch der moderne Tanz, der damals Ausdruckstanz genannt wurde. Elsa Gindler, Lily Ehrenfried und Elfriede Hengstenberg lösten sich ganz von definierten Idealformen von Bewegung oder Atem und entwickelten einen sehr offenen, forschenden Umgang mit den eigenen Körpererfahrungen.
Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen entwickelten eine Atem- und Stimmtherapie, ihr Schüler Cornelis Veening später seinen atempsychologischen Weg mit Ausrichtung auf die Persönlichkeitsentwicklung. Alice Schaarschuch entwickelte ihre "Lösungs- und Atemtherapie".
Wilhelm Reich begann den Körper in die Psychoanalyse zu integrieren und entdeckte dabei die besondere Bedeutung des Atems. Seine Erkenntnisse wurden zur Grundlage für viele Körper(psycho)therapien wie z. B. für die Bioenergetik Alexander Lowens. Zu dieser Zeit entwickelten sich viele Methoden aus einem lebhaften Austausch und persönlichen Beziehungen der Forschenden untereinander (Middendorf, 1987).
Ilse Middendorf, selbst von der Gymnastik des Mazdaznans kommend, lernte sehr viel von Veening. In den 40er Jahren begründete sie ihre eigene Atemlehre „Der Erfahrbare Atem“. Der als „Atem-Schmitt“ bekannte Münchner Arzt Ludwig Schmitt brachte mehr die ärztliche Sichtweise in die Arbeit mit Atem hinein. Weitere Ärzte wie Volkmar Glaser und Udo Derbolowski haben eigene Ansätze mit dem Atem zu arbeiten entwickelt und wesentliche Schriften verfasst. Sie begründeten gemeinsam 1958 die Arbeits- und Forschungsgemeinschaft für Atempflege (AFA® e.V.), heute BV-ATEM e.V. In ihr sind auch heute noch die Atemlehren nach Schlaffhorst-Andersen, Veening, Middendorf, Schmitt und Glaser vertreten. Seither gibt es ständig eine lebendige Weiterentwicklung der unterschiedlichen Methoden.
Atempädagogik in Österreich
In Österreich wird die Atempädagogik (vor allem die Middendorf-Methode) seit ca. 1990 angeboten, ursprünglich nur von Atempädagogen aus Deutschland. Seit 1997 gibt es österreichische AtempädagogInnen, die ihre Ausbildung vorerst in Deutschland absolvierten.
Seit 1999 werden auch in Österreich AtempädagogInnen ausgebildet. Zur Ausbildung siehe auch Ausbildung zur/zum Atempaedagogin/en
Literaturhinweis: Luftsprünge (Anfänge moderner Körpertherapien) von Karoline v. Steinäcker, 2000, Urban & Fischer
Berufsverband der AtempädagogInnen Österreichs
Reisberg 40
A - 9431 Reisberg
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